Wie liest du eigentlich die Bibel? (Teil 7)

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Abschließen will ich diese Artikelreihe mit der Freude, die mir das Studieren des Wortes Gottes bringt. Nachdem ich so viel über die gesunde Einstellung als Jünger und die Bedeutung der Gemeinschaft (Teil 1), das sinnerfassende Lesen und die Arbeit im Wort Gottes (Teil 2), die geistliche Bedeutung der heilsgeschichtlich-historischen Ereignisse und das Reich Gottes (Teil 3), die christozentrische Auslegung des Alten Testaments in seinen prophetischen Bildern (Teil 4), die Problematik der richtigen Begriffsbestimmungen und der Grammatik (Teil 5) und die unabdingbare Notwendigkeit, von den besten Lehrern zu lernen, von jenen, die den Aposteln persönlich möglichst nahe standen (Teil 6), geschrieben habe, schreit meine Seele nach mehr: „Sag ihnen doch etwas von der Freude am Wort Gottes!“ Nichts lieber als das.

Freude durch Weisheit

„Denn dem Menschen, der vor Ihm wohlgefällig ist, gibt Er Weisheit und Erkenntnis und Freude.“ (Pred 2,26).

Weisheit und Freude gehören eng zusammen, denn Weisheit liegt in der Erkenntnis Gottes, bei dem unser Herz zur Ruhe kommt. Es ist nicht die Freude der Toren, die ausgelassen beim Wein fröhlich sind und ihren Kummer vergessen. Es ist die Freude derer, die wissen, dass Gott sich ihrer angenommen hat, sodass es keinen Zweifel an Seiner Güte und Menschenliebe gibt (Tit 3,4). Diese Weisheit, Erkenntnis und Freude schenkt Gott jenen, die vor Ihm wohlgefällig sind. Warum sollte Gott auch die belohnen, die Ihn durch Leben betrüben oder gar verachten?

Wie erlangt man nun Gottes Wohlgefallen? Indem man nach Weisheit strebt – konkret: „Mein Sohn, vergiss meine Lehre nicht, und dein Herz bewahre meine Gebote! Denn sie werden dir Verlängerung der Tage und Jahre des Lebens und viel Frieden bringen. Gnade und Wahrheit werden dich nicht verlassen! Binde sie um deinen Hals, schreibe sie auf die Tafel deines Herzens, so wirst du Gunst und Wohlgefallen erlangen in den Augen Gottes und der Menschen.“ (Spr 3,1-4)

  • Ich will die Anrede „mein Sohn“ ganz persönlich nehmen, denn genauso will Gott mich ja annehmen. Welch ein Privileg, von Gott, dem Vater, erzogen zu werden!
  • Ich will mich Seiner Lehre stets erinnern und Seine Gebote treu beachten, denn das Gesetz Gottes ist „heilig, gerecht und gut.“ (Röm 7,12). Dass in meiner gefallenen Natur ein Gesetz der Rebellion gegen Gottes Wort vorhanden ist, tut dem keinen Abbruch, denn dieses Gesetz herrscht nicht mehr über mich, seit Sein Heiliger Geist in mir Wohnung nahm und mich zu einem Sohn des Höchsten gemacht hat. Welch ein Triumph über meine Sünde! So habe ich mit meinem inneren Menschen Freude am Gesetz (Röm 7,22) und durch Gottes Geist auch die Kraft und Befähigung, es zu halten (Röm 8,4).
  • Dann werde ich ewig leben im Königreich Seines Friedens. Die gegenwärtige Welt ist im Unfrieden, doch der Fürst des Friedens hat Besseres für uns vor als den steten Krieg um vergänglichen Ruhm und vergängliche Güter, die ständige Furcht vor Verlust und Tod. „Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem Todesleib? Ich danke Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn!“ (Röm 7,24-25). Jesaja sagt: „Er geht zum Frieden ein; sie ruhen auf ihren Lagern, ein jeder, der gerade Wege ging.“ (Jes 57,2). Darum lasst uns diesen geraden Weg gehen! „Komm, o Haus Jakobs, und lasst uns wandeln im Licht des HERRN!“ (Jes 2,5).
  • Ich will die Gegenwart der Gnade und Wahrheit stets im Blick haben und dadurch getröstet, ermutigt, bestärkt und ermahnt sein, auf dem schmalen Weg zu bleiben, denn: „das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.“ (Joh 1,17). Das Gesetz ohne die Gegenwart Christi kann mich nur töten (2.Kor 3,7) und ist ein Joch, das unerträglich ist (Apg 15,10). Doch das Joch, das der Herr mir auflegt, ist leicht und sanft (Mat 11,29-30), und Seine Gebote sind nicht schwer (1.Joh 5,3), obwohl sie das mosaische Gesetz bei weitem übertreffen (Mat 5,21-48).
  • Ich will mir Gottes Lehren und Gebote um den Hals binden und aufs Herz schreiben. Es ist wohl so, dass das Gesetz Gottes durch Gottes Geist auf unsere Herzen geschrieben wird (Jer 31,33), und doch bin ich daran nicht unbeteiligt. Ich will das Wort verinnerlichen, es aufnehmen, mir merken, zum Zentrum all meines Denkens machen und stets davon reden: „Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du auf dem Herzen tragen, und du sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Haus sitzt oder auf dem Weg gehst, wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst; und du sollst sie zum Zeichen auf deine Hand binden, und sie sollen dir zum Erinnerungszeichen über den Augen sein; und du sollst sie auf die Pfosten deines Hauses und an deine Tore schreiben.“ (5.Mose 6,6-9).
  • Auf diese Weise finde ich Gunst und Wohlgefallen vor Gott und den Menschen. Das Wort, das hier mit Gunst übersetzt wird bedeutet eigentlich „Gnade“ (hebr. chen)! Gnade findet man durch ein vom Wort Gottes geleitetes und erfülltes Leben; Gnade und Wohlgefallen vor Gott und den Menschen. Und wer vor Gott wohlgefällig ist, dem gibt Er Weisheit, Erkenntnis und Freude (Pred 2,26). Die Menschen, die solch einen Menschen sehen, erkennen etwas von Gott, etwas, das ihre eigene Seele sucht und noch nicht gefunden hat: „Sie lobten Gott und waren angesehen bei dem ganzen Volk. Der Herr aber tat täglich die zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.“ (Apg 2,47).

Ich schwelge. Kann man nach solchen Betrachtungen betrübt und verzagt von der Andacht aufstehen? Rücken diese Worte uns nicht den Blick und die Prioritäten gerade, dass wir mit umso größerer Erwartung dem Herrn nachfolgen, indem wir unser Kreuz auf uns nehmen?

Freude in Anfechtung und Unsicherheit

„Wie wird ein junger Mann seinen Weg unsträflich gehen? Indem er ihn bewahrt nach deinem Wort! … Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg.“ (Ps 119,9.105)

Es ist nicht immer einfach oder klar, wie wir leben sollen, da wir in einer Welt leben, welche ganz andere Vorstellungen vom Leben hat. Das kann uns selbst verwirren, auf Nebenwege ablenken und ganz in die Irre führen. Darum ist es so wichtig, dass das Wort unseren Weg ausleuchtet, auch wenn es so wie es hier beschrieben ist gerade genug Licht zu sein scheint, um den jeweils nächsten Schritt zu gehen. Wir müssen nicht den ganzen Weg vor uns sehen; vielleicht verließe uns dann der Mut? Es genügt, dass wir uns an Sein Wort halten, welches uns unfehlbar zum Ziel führt; dieses Wort ist durchdrungen von dem, der selbst der Weg, die Wahrheit und das Leben ist (Joh 14,6). Unser Bestreben und voller Einsatz soll dahin gehen, selbst unsträflich zu sein, wie Paulus schreibt: „Darum suchen wir auch unsere Ehre darin, dass wir ihm wohlgefallen.“ (2.Kor 5,9), und das bewirkt Weisheit, Erkenntnis und Freude.

Doch der Weg ist angefochten, denn nicht nur Gunst bei Menschen ist zu erwarten, sondern auch die Ablehnung derer, die wohl Gottes Geist in uns erkennen, diesen aber verabscheuen. Deren Feindschaft kann uns zeitweilig auch aus der Fassung bringen:

„Gedenke an das Wort für deinen Knecht, auf das du mich hast hoffen lassen! Das ist mein Trost in meinem Elend, dass dein Wort mich belebt. Die Frechen haben mich arg verspottet; dennoch bin ich von deinem Gesetz nicht abgewichen. Wenn ich an deine ewigen Ordnungen denke, o HERR, so werde ich getröstet. Zornglut hat mich ergriffen wegen der Gottlosen, die dein Gesetz verlassen. Deine Anweisungen sind meine Lieder geworden in dem Haus, in dem ich als Fremdling wohne. Bei Nacht denke ich an deinen Namen, o HERR, und ich bewahre dein Gesetz. Das ist mir zuteil geworden, dass ich deine Befehle befolgen darf.“ (Ps 119,49-56)

  • Gedenke an das Wort der Hoffnung für deinen Knecht. Das Wort Gottes ist voll von Verheißungen, die uns in trostlosen Zeiten trösten und beleben. Wenn selbst Paulus der Mut fast völlig verlassen hat, wie sollte es uns erspart bleiben: „Denn wir wollen euch, Brüder, nicht in Unkenntnis lassen über unsere Bedrängnis, die uns in der Provinz Asia widerfahren ist, dass wir übermäßig schwer zu tragen hatten, über unser Vermögen hinaus, so dass wir selbst am Leben verzweifelten.“ (2.Kor 1,8), doch er gab sich nicht der Verzweiflung hin, sondern sagt weiter: „ja, wir hatten in uns selbst schon das Todesurteil, damit wir nicht auf uns selbst vertrauten, sondern auf Gott, der die Toten auferweckt. Er hat uns denn auch aus solch großer Todesgefahr gerettet und rettet uns noch; und wir hoffen auf ihn, dass er uns auch ferner retten wird.“ (2.Kor 1,9-10). Die Hoffnung gründet auf Gottes Zusage, die nicht gebrochen werden kann, weil Gott treu ist. Im Gebet erinnert der Verzweifelte im Glauben Gott an diese Verheißung, als ob dieser erinnert werden müsste – und doch: die Hilfe will erbeten werden, auch durch die Fürbitte anderer, wie Paulus fortsetzt: „wobei auch ihr mitwirkt durch eure Fürbitte für uns, damit wegen der von vielen Personen für uns erbetenen Gnadengabe auch von vielen gedankt werde um unsretwillen.“ (2.Kor 1,11). Es ist doch so: Nur wenn wir erfahren, dass Gott auf unser Gebet hin Situationen gewendet hat, danken wir Ihm, denn sonst würden wir es vielleicht gar nicht wahrnehmen oder Zufällen zuschreiben. Doch in allem sei Gott Ehre, Lob und Dank!
  • Die Frechen haben mich arg verspottet. Wer denkt hier nicht an den Herrn Jesus am Kreuz? Der Hebräerbrief ermuntert uns: „Achtet doch auf ihn, der solchen Widerspruch von den Sündern gegen sich erduldet hat, damit ihr nicht müde werdet und den Mut verliert!“ (Heb 12,3). Wir müssen verstehen, dass die Frechen und Gottlosen lediglich aus der Fülle ihrer verfinsterten Herzen reden- ach dass ihnen doch das Licht aufginge! Wie schrecklich ist es für einen Menschen, so verfinstert zu sein, dass man Gut und Böse, Sünde und Gerechtigkeit nicht mehr recht unterscheiden kann und die Finsternis mehr liebt als das Licht (Joh 3,19). Wir sollen uns von ihnen und ihrem verletzenden, beißenden Spott nicht zur Sünde verleiten lassen.
  • Wenn ich an deine ewigen Ordnungen denke, werde ich getröstet. Es ist ein großer Trost, dass Gottes Wort ewig ist, denn der Spott der Spötter verhallt und wird verwandelt zu ewiger Wehklage bei denen, die Gott nicht gehorsam werden wollten (Mat 13,42). „Denn »alles Fleisch ist wie Gras und alle Herrlichkeit des Menschen wie die Blume des Grases. Das Gras ist verdorrt und seine Blume abgefallen; aber das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit.« Das ist aber das Wort, welches euch als Evangelium verkündigt worden ist.“ (1.Petr 1,24-25). Weil das so ist, sind Geduld und Ausharren der Schlüssel zum Sieg. Wir sollen nie das Ewige loslassen, um einen zeitlichen Vorteil oder eine zeitliche Linderung zu erfahren. Dass Gottes Wort ewig ist, tröstet deshalb, weil es Gewissheit vermittelt, einen festen Halt in unsicheren Zeiten. „Neigt eure Ohren und kommt her zu mir; hört, so wird eure Seele leben! Denn ich will euch einen ewigen Bund gewähren: die Gnadengüter Davids, die zuverlässig sind.“ (Jes 55,3).
  • Zornglut hat mich ergriffen wegen der Gottlosen. Wie mächtig war wohl der Zorn, der den Herrn ergriff als Er die Händler und Wechsler im Haus Seines Vaters sah! Es gibt einen heiligen und gerechten Zorn, und dieser Zorn weiß die vordergründigen Feinde zu lieben (Mat 5,44) und die wahren Feinde, die geistlichen Mächte der Bosheit, mit äußerstem Hass zu hassen (Ps 139,22). In den Psalmen steht deshalb auch: „Erzürne dich nicht über die Bösen, und ereifere dich nicht über die Übeltäter! Denn sie werden schnell verdorren wie das Gras und verwelken wie das grüne Kraut. Vertraue auf den Herrn und tue Gutes, wohne im Land und übe Treue; und habe deine Lust am Herrn, so wird er dir geben, was dein Herz begehrt!“ (Ps 37,1-4). Ich will mich also von den Gottlosen nicht beirren lassen und weiterhin Gottes Wort tun.
  • Deine Anweisungen sind meine Lieder geworden. Das kenne ich gut, denn oft schon hat mich Gottes Wort dazu getrieben, ein Lied daraus zu machen. Eines davon hat sogar das Wort Gottes selbst zum Thema und kann hier gehört werden. Die Psalmen selbst sind gesungenes Wort Gottes, und wie schön ist es, als Gemeinde gemeinsam zu singen, denn „du bist heilig, der du wohnst unter den Lobgesängen Israels!“ (Ps 22,4). „Lasst das Wort des Christus reichlich in euch wohnen in aller Weisheit; lehrt und ermahnt einander und singt mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern dem Herrn lieblich in eurem Herzen.“ (Kol 3,16).
  • In dem Haus, in dem ich als Fremdling wohne. Wie ist das auszulegen? Wir können es als unser Leben im Fleisch verstehen, wie Paulus sagt: „Denn wir wissen: Wenn unsere irdische Zeltwohnung abgebrochen wird, haben wir im Himmel einen Bau von Gott, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist. Denn in diesem Zelt seufzen wir vor Sehnsucht danach, mit unserer Behausung, die vom Himmel ist, überkleidet zu werden – sofern wir bekleidet und nicht unbekleidet erfunden werden. Denn wir, die wir in dem Leibes-Zelt sind, seufzen und sind beschwert, weil wir lieber nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten, so dass das Sterbliche verschlungen wird vom Leben.“ (2.Kor 5,1-4). Wir können es aber auch im Licht unserer Fremdlingschaft in dieser Welt sehen, wie Abraham, Isaak und Jakob uns ein Vorbild gaben: „Diese alle sind im Glauben gestorben, ohne das Verheißene empfangen zu haben, sondern sie haben es nur von ferne gesehen und waren davon überzeugt, und haben es willkommen geheißen und bekannt, dass sie Gäste ohne Bürgerrecht und Fremdlinge sind auf Erden; denn die solches sagen, geben damit zu erkennen, dass sie ein Vaterland suchen. Und hätten sie dabei jenes im Sinn gehabt, von dem sie ausgegangen waren, so hätten sie ja Gelegenheit gehabt, zurückzukehren; nun aber trachten sie nach einem besseren, nämlich einem himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht, ihr Gott genannt zu werden; denn er hat ihnen eine Stadt bereitet.“ (Heb 11,13-16). Beides stimmt, und in beiden Fällen werden die Lieder zu sehnsüchtigen Heimatliedern, wie man sie nur in der Fremde so singen und empfinden kann. Das wiederum richtet unseren Blick umso fester nach oben, von woher wir Christus erwarten (Phil 3,20) und das himmlische Jerusalem (Offb 21,1-4).
  • Bei Nacht denke ich an deinen Namen, o HERR, und ich bewahre dein Gesetz. Schlaflose Nächte werden nicht selten von Sorgen verursacht, doch die Antwort auf Sorgen ist der Name des Herrn. „Der Name des HERRN ist ein starker Turm; der Gerechte läuft dorthin und ist in Sicherheit.“ (Spr 18,10). Unmöglich ist es Jesus als Herrn zu bekennen, ohne Ihm auch in allem gehorchen zu wollen, darum bewahren wir sein Gesetz, wie wir es gelehrt wurden: „Lehrt sie alles halten, was ich euch befohlen habe. Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Weltzeit!“ (Mat 28,20).
  • Es ist ein Geschenk, Gottes Befehle befolgen zu dürfen. Ist es nicht so? Denn die eigene Kraft und unser natürliches Wesen sträuben sich dagegen, doch Gottes Geist, der uns geschenkt wurde, bewirkte hier einen grundlegenden Wandel in uns. So sehr, dass manche Stellen sogar aussagen, dass Gott in uns den Gehorsam bewirkt: „Ja, ich will meinen Geist in euer Inneres legen und werde bewirken, dass ihr in meinen Satzungen wandelt und meine Rechtsbestimmungen befolgt und tut.“ (Hes 36,27) – obwohl der Aufruf zu Gehorsam durchaus an uns und unseren Willen gerichtet ist. Wir sind keineswegs aus der Verantwortung genommen, doch es ist ein wunderbares Zusammenwirken von Gottes Geist und unserem Einwilligen.

Ich habe das alles für mich geschrieben, zu meiner Freude. Ich werde nie vergessen, wie David Gooding einmal über die Frage laut nachdachte, ob geistliche Gaben zur Selbsterbauung gedacht seien: „Ich habe die Gabe der Lehre“, sagte er sinngemäß, „und oft sitze ich in meinem Studierzimmer, erkenne eine gewaltige Wahrheit und beginne vor Freude zu springen!“ Ich kenne das Gefühl, aber es geht natürlich nicht um mich, sondern um die Erbauung der Gemeinde (1.Kor 14,12). Darum war es mir ein großes Anliegen, diese Frage „Wie liest du eigentlich die Bibel?“ ausführlich und doch etwas anders als erwartet zu beantworten, denn was man erwartet hätte, habe ich nicht genannt:

Was ich nicht erklärt habe, aber kurz nachreiche

In kurzen Absätzen will ich also das ergänzen, was man als Anleitung zum Bibellesen sonst vielleicht noch erwartet hätte. Getan habe ich es, und man kann es in meinen Ausführungen wohl großteils nachvollziehen:

  • Die Wahl der Übersetzung: Ich denke, es ist aufgefallen, wie ich in der Auslegung oft Wort für Wort im Detail betrachte. Das ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn man eine wortgetreue Übersetzung wählt; die modernen Übertragungen sind jedoch zu sehr Auslegungen und daher Ausdruck der Theologie des Übersetzers. Ich verwende die Schlachter 2000, für das Alte Testament lese ich parallel oft die Septuaginta, welche der Herr und Seine Apostel ebenfalls verwendeten.
  • Vergiss die Zwischenüberschriften: So hilfreich die Zwischenüberschriften beim Finden eines Abschnittes sind, so irreführend können sie sein, weil dadurch oft Texte getrennt werden, die doch eine Einheit sind. Dasselbe gilt für Kapitel- und Verseinteilungen – erstere wurden erst im Mittelalter eingeführt, letztere waren die Idee eines Buchdruckers im 16. Jahrhundert. Sie verleiten dazu, Verse auswendig zu lernen anstatt Sinnzusammenhänge zu erfassen.
  • Finde selbst die inhaltlichen Übergänge: Es erfordert etwas Übung, aber es lohnt sich und ist hilfreich zu erkennen, wo ein neuer Gedanke anfängt und wo ein Thema abgeschlossen wird, aber auch wie die aufeinanderfolgenden Abschnitte zusammenhängen.
  • Versuche zu ermitteln, was in dem jeweiligen Abschnitt die Hauptaussage ist. Dazu kommt man unter anderem über Fragen, die man an den Text stellt, W-Fragen wie Wer, Wie, Was, Wann, Wo, Warum, Wofür, Wozu. Oder indem man feststellt, welche Worte besonders oft gebraucht werden, wie sie sich zueinander verhalten, und vor allem: Was sie wirklich bedeuten.
  • Baue keine Lehre oder Auslegung auf Einzelversen auf. Versuche zuerst alles herauszufinden, was die Schrift zu einem Thema oder Begriff sagt, ehe du Schlüsse ziehst, denn die Theologien der zahllosen Kirchen sind durchdrungen von biblischen Kurzschlüssen.
  • Bedenke, dass es in der Regel eine geistliche Ebene in den Texten gibt. So wichtig es ist, zu bekennen, dass die Bibel reale Geschichte erzählt, so ergibt sich der Sinn der Geschichte erst aus der geistlichen Betrachtung, wie etwa Paulus in 1.Kor 10 die Wüstenreise der Israeliten dem Glaubensweg der Christen vergleicht.
  • Lies die Schrift im Licht dessen, was du von zuverlässigen Lehrern gelernt hast. Die christliche Lehre ist keine persönliche Entdeckungsreise, sondern ein gemeinsamer Weg der ganzen Gemeinde, für den zum einen die Ältesten und Lehrer deiner Gemeinde die Hauptverantwortung tragen, die sie aber auch nicht autonom ausüben dürfen, sondern auf Basis und im Rahmen der für alle Christen gleich verbindlichen apostolischen Lehre.
  • Kommentare vermeide. Es sei denn, sie verweisen nachvollziehbar mit guten Quellenangaben auf die frühchristliche Lehre. Die meisten Kommentare jedoch (zumindest die, welche eine gewisse Verbreitung haben), geizen mit Quellen und geben (unausgesprochen) die Lehrmeinung einer Lehrtradition wider, oder schlimmer noch, die persönliche Meinung des Auslegers. Wir aber wollen wissen, was die Apostel wirklich lehrten, und da müssen wir zurück zu den besten Quellen.
  • Liebe den Herrn. Denn ohne Liebe zum Herrn wird allzu leicht Eigenliebe zur Triebfeder des Schriftstudiums, Eigenliebe, welche den eigenen Rum sucht, die eigene Neugierde befriedigen oder das eigene Tun rechtfertigen will.
  • Liebe die Geschwister. Lass sie teilhaben an deiner Freude am Wort, teile deine Entdeckungen zum gemeinsamen Nutzen und vor allem: Sei ein Vorbild im Wort, im Wandel und in jedem guten Werk.

In diesem Sinn empfehle ich die Ausführungen allen Christen, denen die Ehre Seines Namens am Herzen liegt und den Preis der Nachfolge nicht scheuen. „Dem König der Ewigkeit aber, dem unvergänglichen, unsichtbaren, allein weisen Gott, sei Ehre und Ruhm von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ (1.Tim 1,17)

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